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23.06.2017, 09:00 Uhr | Ulrich Stadtmann Vorsitzender des Katholischen Bildungswerks
Den Frieden im Blick

„Wir haben leider überwiegend eine Kriegsberichterstattung in den Medien“, sagte der  CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Vietz aus Hameln. Nur wenn Konflikte in gewaltsame Auseinandersetzungen umschlagen, werde berichtet. Auch der Bundestag berate jedes Jahr über die derzeit 17 weltweiten Bundeswehreinsätze. Über die ständige Entsendung ziviler Experten, die Gewalt in Konflikten vorzubeugen versuchen, werde hingegen eher selten diskutiert. Und je erfolgreicher diese Einsätze sind, umso weniger erfahre die Öffentlichkeit davon. Das präge unsere Wahrnehmung. Michael Vietz vermisst daher eine stärkere Friedensberichterstattung. Deshalb sei er gerne der Einladung nach Minden gefolgt, um über seine Arbeit im „Unterausschuss für Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ des Auswärtigen Ausschusses, dessen stellvertretenden Vorsitzender er im Bundestag ist, zu berichten.

Michael Vietz im Gespräch mit Dr. Christine Schweitzer vom BSV
Minden -

Im Haus am Dom referierte Michael Vietz auf Einladung des Kath. Bildungswerks – in Kooperation mit der ev. Erwachsenenbildung, der VHS und dem BSV – über die sachorientierte Zusammenarbeit der neun Unterausschussmitglieder, die aus allen Parteien kommend, konstruktiv zusammenarbeiten. Seit dem Jahr 2010 bestehe dieser Ausschuss im Bundestag. Dem vorausgegangen sei ein Jahrzehnt des Ausbaus der Instrumente der zivilen Konfliktaustragung. Seit der Jahrtausendwende gebe es einen „Zivilen Friedensdienst“ in Deutschland, der als Fachdienst im Bereich der Entwicklungshilfe international tätig ist. Zudem wurde das „Zentrum für Internationale Friedenseinsätze“ eingerichet, „um zivile Expertinnen und Experten in Missionen der OSZE, EU oder UN zu entsenden“.

In der Diskussion wurde deutlich, dass Auslandseinsätze immer auch von Interessen geleitet sind. Deutschland habe dabei, so Vietz, als ein Land, das stark in den Welthandel eingebunden ist, ein vitales Interesse an Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit in allen Teilen der Welt. Dies decke sich mit den Interessen der Bevölkerung anderer Länder. Sie erwarten damit von ihren Regierungen die Gewährleistung, dass „jeder Mensch nach seiner Facon leben“ kann, ohne von Gewalt bedroht zu werden. Dieses Ziel erfordert oft auch ein langfristiges Engagement und faire Handelsbeziehungen. Wir dürften nicht nur danach schauen, was uns nutzt, sondern müssten auch im Blick behalten, was den anderen hilft. Fischereiabkommen dürften nicht nur unsere Fangquoten erhöhen, sondern müssten z.B. auch die Existenzgrundlage afrikanischer Fischer berücksichtigen. Fairer Handel solle schließlich Fluchtursachen beheben und nicht verschärfen.

An Deutschland werde, so Vietz, die Erwartung herangetragen, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen. Das könnten auch Auslandseinsätze der Bundeswehr sein, die er als ehemaliger Soldat und Reservist auch aus Überzeugung unterstütze. Oftmals sichere die Bundeswehr die Arbeit von Entwicklungshilfeorganisationen. Soldaten setzten hierbei ganz auf die Zivilgesellschaft, denn Probleme ließen sich nicht rein militärisch lösen. Am besten sei es, wenn Krisen mit zivilen Mitteln entschärft würden, damit die Bundeswehr gar nicht in Kampfeinsätze entsandt wird.

Im Blick auf die Zukunft wünschte sich Michael Vietz eine stärkere Koordination der  Auslandsaktivitäten der Bundesregierung und der verschiedenen Ministerien. Für eine solche Bündelung bedürfe es eines „Nationalen Sicherheitsrates“, wie in den USA. Dr. Christine Schweitzer vom BSV wünschte sich hingegen vor allem einen weiteren Ausbau der Förderung der zivilen Komponenten, insbesondere beim Peacekeeping. Der Etat für die zivilen Maßnahmen, incl. der humanitären Nothilfe des Außenministeriums, sei lt. Vietz mittlerweile auf 1,5 Mrd. Euro jährlich angewachsen. In den neuen Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ heißt es zu dem Wunsch von Frau Dr. Schweitzer wie folgt: „Die Bundesregierung unterstützt die Weiterentwicklung ziviler Ansätze … . Dabei fördert sie insbesondere Ziviles Peacekeeping als erprobte Methodik, um Menschen vor Gewalt und schweren Menschenrechtsverletzungen zu schützen.”

Vietz verwies auch darauf, dass bis zum 30. Juni 2017 im Bundestag auf Anregung seines Unterausschusses die Ausstellung „Frieden machen“ zu sehen ist. Sie soll anschließend als Wanderausstellung bundesweit in Schulen gezeigt werden und berichtet über Krisenregionen, in denen heute „neben internationalen Truppen eine Vielzahl von zivilen Fachkräften mit dem Ziel, dauerhaften Frieden zu schaffen“ eingesetzt sind. Die Fachkräfte „moderieren Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien, setzen sich für die Gleichberechtigung von Frauen ein, organisieren die Gesundheitsversorgung, unterstützen beim Wiederaufbau der Verwaltung oder dokumentieren Menschenrechtsverletzungen“. Diese Ausstellung entspricht mehr der von Michael Vietz gewünschten „Friedensberichterstattung“ und kann auch von Mindener Schulen angefordert werden.

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