Plenarreden 2013-2017

19.3.2015: 94. Sitzung / TOP 11 - Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
 Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Vielen Dank. – Dann ist der nächste Redner Michael Vietz, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Michael Vietz (CDU/CSU):

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Situation in Somalia ist sicherlich schwierig. Zwar hat das Land dank der gemeinsamen Bemühungen der somalischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft einige Fortschritte erzielt, aber immer noch steht die Bevölkerung vor einem Berg an Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Ein nicht nur in Somalia bekanntes und gültiges Sprichwort sagt: Zerstören geht schnell, Bauen langsam.

In den letzten Jahren haben sich Deutschland und die Europäische Union im Rahmen eines umfassenden strategischen Ansatzes in Kooperation auch mit den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union am Neuaufbau Somalias beteiligt: Demokratieförderung, Stärkung der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Strukturen, Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung. Es gilt, den Somaliern Perspektiven für eine gute und sichere Zukunft zu geben. Zu diesem mannigfaltigen Paket gehört auch die Ausbildungs- und Beratungsmission EUTM Somalia, über deren Fortsetzung wir heute in erster Lesung debattieren.

Jeder Staat steht in der Pflicht, das Wohlergehen und die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Wir kennen dies als Responsibility to Protect. Dieses Prinzip internationaler Politik wurde 2005 von den meisten Staaten der Erde allgemein anerkannt. Union und SPD bekennen sich im Koalitionsvertrag zu diesem Prinzip und seiner weiteren Ausgestaltung. Wenn wir dies ernst nehmen und weiter mit Leben erfüllen wollen, so dürfen wir nicht einfach an der Seitenlinie verharren, wenn ein Staat hierfür Unterstützung sucht, wenn die Regierung und die Bevölkerung um Hilfe bitten, dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Die somalische Regierung hat um diese Unterstützung nachgesucht. Entsprechende -Beschlüsse des Rates der Europäischen Union und des Sicherheitsrates der UN liegen vor. Deutschland leistet im Rahmen einer Vernetzung mit weiteren regionalen Missionen sowie unseres Engagements beim Aufbau der zivilgesellschaftlichen und nichtmilitärischen Sicherheitsstruktur einen guten und wichtigen Beitrag.

Die Herausforderungen, die Somalia nach wie vor zu bewältigen hat, sind enorm: fragile Staatlichkeit, fundamentalistischer Terror, organisierte Kriminalität, große Armut, Flüchtlinge, eine schwierige humanitäre Notlage. Mit Blick auf diese Gemengelage dürfen wir Somalia nicht alleinelassen. Dies liegt auch in unserem eigenen Interesse. Das Land liegt zwar Luftlinie rund 6 300 Kilometer von diesem Hohen Haus entfernt, doch die Herausforderungen, denen sich unsere somalischen Partner stellen müssen, sind keineswegs Probleme, die nur auf das Horn von Afrika beschränkt sind.

Es ist noch nicht so lange her, dass uns die Piraterie vor Somalias Küste in Atem gehalten hat. Die Grundprobleme hierfür liegen an Land und sind noch lange nicht gelöst. Gerade als Handelsnation sind wir ebenso wie unsere Partner in der Welt auf sichere Handelsrouten angewiesen, mithin auf Stabilität in der Region.

Fundamentalistischer Terror kümmert sich nicht um staatliche Grenzen. In Zeiten des sogenannten „Islamischen Staats“ und al-Qaidas bleibt es eine unserer größten und wichtigsten sicherheitspolitischen Herausforderungen, diese einzudämmen und damit auch unsere Bürger zu schützen.

Darüber hinaus sollte uns auch klar sein: Wenn die Lage aufgrund der fragilen Staatlichkeit in Somalia so prekär bleibt, werden auch die Flüchtlingsströme nicht versiegen. Flucht und Vertreibung begegnen wir am besten, wenn wir den Menschen vor Ort Schutz und vor allem Perspektiven bieten. Deswegen ist es unser wichtigstes Ziel, unsere somalischen Partner zu befähigen, für ihre eigene Sicherheit in einem durch sie selbst gestalteten stabilen Staat zu sorgen. Wir wollen beraten und mit unserem Know-how beistehen.

Wir leisten einen Beitrag, um das Fundament für eine nachhaltige Verbesserung der Situation für die Menschen Somalias zu errichten. Zivile Aufbauhilfe und Unterstützung wollen nicht nur geleistet werden, Entwicklungshilfe muss nicht nur bezahlt werden. Es braucht auch ein entsprechendes Umfeld, um langfristig wirksam sein zu können. Hilfe zur Selbsthilfe – das ist im deutschen und europäischen Interesse.

Diese Unterstützung leistet die Ausbildungs- und Beratungsmission EUTM Somalia. Seit 2010 wurden bekanntermaßen 4 800 somalische Soldaten ausgebildet, auch durch unsere engagierten Soldatinnen und Soldaten, denen ich an dieser Stelle für ihren unermüdlichen Einsatz nachdrücklich danken möchte. Die im Rahmen dieser Mission ausgebildeten somalischen Soldaten haben seitdem einen wichtigen Beitrag dafür geleistet, die Sicherheit ihres Landes zu gewährleisten und dem Al-Schabab-Terror entgegenzutreten. Wir empfinden es als selbstverständlich, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Mit dieser Mission helfen wir dabei, diese Selbstverständlichkeit auch für Somalia zu verwirklichen, um weiterhin den Aufbau ziviler Sicherheits- und Verwaltungsstrukturen zu ermöglichen.

Ein wichtiges Ziel sind die für 2016 geplanten Wahlen. Für einen Erfolg der Bemühungen um Frieden und Stabilität kommt es darauf an, bis dahin sichtbare und für die Bevölkerung auch spürbare Fortschritte zu erzielen. Daher begrüßt die somalische Regierung ausdrücklich die Fortsetzung dieser Mission als wichtigen Bestandteil für den Wiederaufbau ihres Landes. Zerstören geht schnell, Bauen langsam. Somalia braucht noch mehr Zeit und wünscht unsere Hilfe. Lassen wir sie nicht in einer halbfertigen Baustelle stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

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